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Mondkuss Kalender 2. Dezember |
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Schicksalswünsche Beim 2. Klingeln nahm sie den Hörer ab. "Jugendamt Ströpheim, Jutta Keller am Apparat." "Hallo Frau Keller" hörte sie eine Jungenstimme am anderen Ende "Ich bin Moritz." Als er schwieg, fragte Jutta vorsichtig "Ja? Welcher Moritz?" Fieberhaft ging sie alle Adoptionsvermittlungen der letzten Jahre durch. "Na Moritz Hennig.", teilte er ihr fast entrüstet mit. "Ich bin 11 Jahre alt. Und ich bin adoptiert.", fügte er noch hinzu. Jetzt konnte sich Jutta an den kleinen Moritz erinnern. Ganze 3 Tage alt war er damals gewesen, als sie ihn an seine Adoptiveltern vermittelt hatte. "Was kann ich denn für dich tun, Moritz Henning?", fragte sie ihn. An sich war es ja nichts Ungewöhnliches, dass sich Adoptierte bei ihr meldeten, um mehr über ihre leiblichen Eltern zu erfahren. Ungewöhnlich war aber, dass Moritz erst 11 war. "Meine Mama hat mir gesagt, dass an dem Tag auch noch ein anderes Kind Eltern bekommen hat." "Ja, das stimmt. Und?" "Na ich wollte mal wissen, wie die anderen Eltern so sind." "Gibt es denn Probleme bei dir zu Hause Moritz?" "Nein, hier ist alles paletti. Meine Eltern sind wirklich cool. Mama nervt zwar manchmal wegen den Hausaufgaben, aber mit Papa gehe ich immer Flugzeuge steigen lassen. Das ist schon in Ordnung hier." "Und warum möchtest du denn dann über die andere Familie etwas wissen?", fragte Jutta. "Weil ich mich manchmal frage, ob das wirklich richtig war, wissen sie?", und kleinlaut fügte er noch hinzu "Weil ich mich gefragt habe, wie es geworden wäre, wenn sie mich zu den anderen gegeben hätten. Und wer jetzt hier wäre und mit Papa Flugzeuge steigen lassen würde." Jutta lächelte vor sich hin und schaute über ihren Schreibtisch hinweg an die Wand, an der viele bunte Kinderbilder hingen. Unter ihnen war auch ein Bild, auf dem man mit viel Fantasie ein Flugzeug hätte erkennen können. Unsichere Kinderhände hatten auf einen Flügel ein M or itz gekrakelt. "Nun ja, Moritz - zu aller erst sollte ich dir erzählen, dass das andere Kind ein Mädchen ist und...", Jutta erzählte ihm ein bisschen von deren Adoptivfamilie, während es am anderen Ende der Telefonleitung ganz still geworden war. "Oh, so ist das also. Hmmm...ich glaube, das ist okay, so wie sie das gemacht haben.", meinte Moritz dann, "Mädchen sind blöd und immer eingeschnappt. Ich glaube, dass Papa da ganz froh ist, dass er mich gekriegt hat." "Ja, das ist er bestimmt.", antwortete Jutta und lachte vor sich hin. "Na dann Danke Frau Keller. Und jetzt wissen sie wieder wer ich bin, gell?" "Ja.", meinte Jutta. "Und ich glaube nicht, dass ich dich noch einmal vergessen würde." Nachdem das Telefonat beendet war, nahm sich Jutta zwei Akten von dem Stapel und schlug sie auf. Während sie die Berichte las und wusste, dass sie demnächst wieder eine Entscheidung treffen würde welche Adoptivbewerber welches Kind bei sich aufnehmen könnten, dachte sie noch einmal an Moritz. Sie schaute aus dem Fenster und war glücklich. Glücklich darüber, so viele Kinder durch ihr Leben begleiten zu dürfen. Und sie war sich sicher, dass Moritz sie eines Tages wieder anrufen würde. Vielleicht um dann zu fragen, warum ihn seine leibliche Mutter nicht behalten hatte können.
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