"Lernen mich Menschen kennen, sind sie fasziniert. Sehen sie mich öfter, haben sie Angst vor dem Anderssein."

Ich bin 1977 geboren und war das 3. Kind. Mein Bruder lebte nicht bei uns und meine Schwester ist 9 Jahre älter als ich.

Als ich in die Schule kam, war sich meine Mutter sicher, dass ich aufstehen würde und gehe wenn es mir nicht passt. Ich war sehr intelligent und entwickelte mich zu einem Aussenseiter, der gern im Mittelpunkt stand. Ich war eine Ein-Mann-Show. Und doch suchte (und fand) ich Freunde. Als ich lesen konnte, ging ich in der Bücherwelt auf - und wurde übergewichtig. In der Schule wurde ich zu derjenigen, die über den Schulhof geprügelt wurde. Immer darum bedacht, dass es ja niemand bemerkte. Meine Maske schützte und versteckte mich. Ich fing an auszuteilen - verbal und intellektuell.

Ich wurde eine gute Schülerin, interessiert und immer was zu sagen. Stellte die Anforderungen an mich selbst hoch. Wollte niemanden enttäuschen und fing an, für andere zu leben und mich selbst in Frage zu stellen.

Im Lauf der Jahre wurde ich ein gern benutzter "Seelenmülleimer" für die anderen. Hatte immer einen guten Rat und Hilfe übrig. Das Verhältnis zu meinen Eltern war sehr innig und doch auch kompliziert. Ich liebte und hasste sie.

In der Pubertät fing ich an, mich über meinen Körper zu definieren. Über die Hülle, die ich mir angegessen hatte. Ich wollte geliebt werden und stellte alle in den Schatten. Während meiner Ausbildung ging es weiter. Ich war anders. Selbstbewusst, konnte mich ausdrücken und "älter" als die anderen.

Meine Partner wurden mit meinen Seelenjahren auch immer älter.

Ich hatte viele Bekannte, und Freunde, die jahrelang hielten - und auch heute noch halten.

Nach der Ausbildung hatte ich eine sehr innige Beziehung, ich liebte und wurde geliebt. Doch diese Beziehung scheiterte an den Problemen, für die ich einfach zu jung war.

Ich konnte mich innerlich nicht lösen von dem Mann, denn auch er war "anders". Nach der Trennung fing es an. Ich hatte mehr Sex, als Beziehungen.

Ich fing an bei Mercedes zu arbeiten und wechselte von dort nach einem Jahr nach Stuttgart.

700 Kilometer von zu Hause entfernt war ich allein in einer Stadt, in der ich niemanden kannte.

Die Männer kamen und gingen ... blieben selten länger als eine Nacht.

Ich hasste sie, wurde nicht geliebt und brauchte sie doch zur Bestätigung meiner selbst, dass ich liebenswert sei.

In dieser Zeit fing ich an immer öfter zu schreiben. Ich entdeckte das Internet und lebte eine zeitlang in einer virtuellen Welt.

Dann wurde ich schwanger. Eine Eileiterschwangerschaft in der 10. Woche. Mir wurde ein Eileiter entfernt und ich war am Ende.

Durch ein Projekt stürzte ich mich in die Arbeit und überlebte. Ich wurde in meinem Job erfolgreich, entwickelte mich weiter und war trotzdem schrecklich einsam.

Die Männer kamen und gingen immer noch. Und hinterließen in mir nur die Sehnsucht nach Liebe...nach Ehrlichkeit.

Ich schrieb wie eine Wahnsinnige, und hasste die Welt um mich herum.

Vergrub mich in meinem Leiden und verlor den Boden unter den Füßen.

Die Suche dauerte an, aber ich fand nur die Bestätigung meiner "Ansichten".

Und die Traurigkeit wuchs in mir drin...

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